In dem Format “5 Fragen an ConQuMat” berichten Projektmitglieder über ihre Forschung, ihre Ziele und Herausforderungen sowie Chancen für die Zukunft.
Heute: Dr. Parisa Mokhtari von der Universität Augsburg / Universität Tokio
Woran forschen Sie im Projekt ConQuMat?
Ich erforsche topologische Quantenmaterie und Quantenspinsysteme experimentell. Hierfür messe ich die thermischen und elektrischen Transportphänomene unter extremen Laborbedingungen – bei Temperaturen bis unter 30 Millikelvin nahe dem absoluten Nullpunkt und starken Magnetfeldern. Ich nutze Eigenschaften wie Temperatur und Magnetfeld, um das System in die gewünschten Quantengrundzustände oder durch Phasenübergänge zu führen und um quantenmechanische Vorhersagen zu überprüfen. Auf diese Weise untersuche ich, wie sich Quantenphasen und topologische Effekte in realen Materialien manifestieren. Mein Projekt im ConQuMat umfasst einen wissenschaftlichen Austausch zwischen der Universität Tokio in Japan und der Universität Augsburg in Deutschland. Ich entwickle neue, hochmoderne Messgeräte, führe hochpräzise Messungen des thermischen Hall-Effekts sowie der Wärmeleitfähigkeit durch und untersuche verschiedene, neuartige Quantenzustände. Das Ziel besteht darin, die fundamentalen Eigenschaften dieser Systeme zu erfassen und neue exotische Materiequantenzustände zu entdecken.
Was hat Sie dazu inspiriert, sich in diesem (spezifischen) Forschungsbereich zu engagieren?
Eine wichtige Inspirationsquelle für mich ist es, der Menschheit dabei zu helfen, unser grundlegendes Verständnis der Welt zu erweitern, was schließlich zu Durchbrüchen in unseren aktuellen physikalischen Prinzipien führt.
Schon während meiner Schulzeit hat mich Mathematik fasziniert. Später, als ich begann, Bücher über klassische Mechanik, Thermodynamik und Elektromagnetismus zu lesen, habe ich entdeckt, wie spannend Physik sein kann – und dass sie unser Verständnis der Welt grundlegend prägt. Jetzt verbindet meine Arbeit Theorie und Experiment. Es ist faszinierend, ein Phänomen zunächst theoretisch auf Papier zu verstehen, dann ins Labor zu gehen, die Apparatur anzupassen und die theoretisch vorhergesagten Ergebnisse zu überprüfen – und manchmal etwas völlig Unerwartetes zu entdecken. Das ist unglaublich spannend! Experimente liefern wertvolle Einblicke in neuartige Materiezustände, die sich mit den aktuellen quantenmechanischen Theorien nicht vollständig erklären lassen. In diesem Zusammenhang verwende ich Mathematik als Werkzeug, um dieses Konzept besser zu verstehen. Während meiner Promotion an der Technischen Universität München und am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe in Dresden sowie meiner anschließenden Zeit an der Universität Tokio konnte ich die Verbindung von Theorie und Experiment hautnah erleben. Die Möglichkeit, durch präzise Messungen tatsächlich neue Quantenphänomene sichtbar zu machen, begeistert mich bis heute.
Was ist das Ziel Ihrer Forschung?
In meiner Forschung konzentriere ich mich auf die Verbesserung des Verständnisses von Quantentransportphänomenen in topologischen Systemen. Ich untersuche außerdem den Transport magnetischer Anregungen, die als fraktionalisierte Quasiteilchen in frustrierten Magneten, Quanten-Spin-Flüssigkeit-Kandidaten und niedrigdimensionalen Quantenmagneten auftreten. Zu diesem Zweck untersuche ich die Quasiteilchendynamik in elektrisch isolierenden, frustrierten Magneten durch Messung der Wärmeleitfähigkeit und des thermischen Hall-Effekts. Mithilfe dieser experimentellen Ansätze möchte ich theoretische Vorhersagen validieren und die Entdeckung neuartiger Phänomene mit potenziellen Anwendungen in der Quantentechnologie erleichtern. Darüber hinaus beabsichtige ich, innovative experimentelle Konfigurationen für kleine Kristalle zu entwickeln, um die Handhabung und Analyse von Proben mit einer Größe von weniger als einem Millimeter zu verbessern. In der ersten Phase, die an der Universität Tokio, Japan, durchgeführt wurde, habe ich topologische elektrische und thermische Quanten-Hall-Effekte in verschiedenen komplexen metallischen Quantenmagneten untersucht. In der zweiten Phase werde ich in Augsburg die Weiterentwicklung hochpräziser Versuchsaufbauten fortsetzen, um die Entstehung und Dynamik von Spinons in elektrisch isolierten, frustrierten und niedrigdimensionalen Quantenmagneten zu untersuchen. Durch meine Experimente möchte ich theoretische Vorhersagen überprüfen, aber auch neue Phänomene entdecken, die bisher nicht erklärbar sind. Solche Erkenntnisse können langfristig dabei helfen, Materialien zu identifizieren, die sich für Quantentechnologien eignen, beispielsweise für den verlustfreien Transport in Quantencomputern oder für die Quantenkommunikation.
Welche Herausforderungen begegnen Ihnen in Ihrer Forschung und wie gehen Sie damit um?
Meine Experimente erfordern extreme Präzision. Die Proben, die ich in meinen Experimenten messe, sind in der benötigten Qualität nur wenige Millimeter groß. Jedoch sind für die Bestimmung des Wärmetransports drei bis vier Temperatursensoren nötig, die am untersuchten Kristall installiert werden müssen. Außerdem müssen nicht nur die Temperatursensorchips voneinander, sondern auch von der Umgebung und vom Messaufbau entkoppelt sein, damit keine Störungen auftreten. Aufgrund dieser Konfiguration reagiert der Versuchsaufbau sehr empfindlich auf Umgebungseinflüsse. Darüber hinaus arbeite ich bei Temperaturen von wenigen Millikelvin, wo selbst kleinste Vibrationen oder eine eingeschaltete Raumbeleuchtung die Messergebnisse stören können. Zudem sind die Anlagen, die ich nutze, meist Einzelanfertigungen, die ich selbst entwerfe und aufbaue. Auch die Probenpräparation – winzige Kristalle unter dem Mikroskop zu kontaktieren – erfordert viel Geduld.
Wie könnte Ihre Forschung das Verständnis der Physik / der Welt / von Technologien / der Zukunft ändern?
Meine Arbeit ist Grundlagenforschung – aber sie kann entscheidend dazu beitragen, neue Quantenphasen und topologische Zustände zu verstehen. Diese Erkenntnisse sind die Basis für zukünftige Quantentechnologien, etwa Quantencomputer, die auf robusten, topologisch geschützten Zuständen beruhen. Außerdem liefern die Methoden des thermischen Transports neue Einblicke in ladungslose Quasiteilchen, die mit elektrischen Messungen gar nicht erfasst werden können. Jede neue Beobachtung bringt uns ein Stück näher an das Ziel, die Quantenwelt kontrolliert nutzbar zu machen.