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5 Fragen an ConQuMat – mit Dr. Hans-Albrecht Krug von Nidda

In dem Format “5 Fragen an ConQuMat” berichten Projektmitglieder über ihre Forschung, ihre Ziele und Herausforderungen sowie Chancen für die Zukunft.

Heute: Priv.-Doz. Dr. Hans-Albrecht Krug von Nidda von der Universität Augsburg

Woran forschen Sie im Projekt ConQuMat?

Im Projekt B4 „Magnetische Resonanzspektroskopie and Quantenspinflüssigkeiten und Weyl-Halbmetallen“ bin ich für den Bereich der Elektronenspinresonanz (ESR) zuständig. Die außergewöhnlichen Grundzustände dieser Materialien beruhen auf den Wechselwirkungen zwischen den Elektronen und ihrer Kopplung an das Kristallgitter. Die ESR erlaubt den direkten Zugriff auf die elektronischen Eigenschaften, ohne sie stark zu stören, da bei vergleichsweise niedrigen Anregungsenergien im mikro-eV Bereich gearbeitet wird. In einem externen Magnetfeld beschreiben die magnetischen Momente (Spins) der Elektronen eine Präzessionsbewegung, die man durch Mikrowelleneinstrahlung auf Resonanz treibt. Aus Resonanzfrequenz und Resonanzbreite lassen sich innere Felder und Dämpfungsprozesse ableiten; ihre Abhängigkeit von Temperatur, Frequenz und Orientierung der Probe im Magnetfeld liefert detaillierte Information über die mikroskopischen Mechanismen in den untersuchten Materialien.    

Was hat Sie dazu inspiriert, sich in diesem (spezifischen) Forschungsbereich zu engagieren?

Seit meiner Diplomarbeit Anfang der neunziger Jahre an der Technischen Universität Darmstadt arbeite ich auf dem Gebiet der Festkörperphysik mit der Messmethode der Elektronenspinresonanz. Während meiner Doktorarbeit forschte ich mit der ESR an intermetallischen Selten-Erd-Verbindungen, in denen eine starke Kopplung zwischen Leitungselektronen und lokalisierten magnetischen Momenten vorliegt. Im Jahr 1997 kam ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter ans Zentrum für elektronische Korrelationen und Magnetismus der Universität Augsburg, wo ich schließlich eine feste Anstellung erhielt.

Von 2000-2009 lief hier der erste Augsburger DFG Sonderforschungsbereich (SFB 484) über „Kooperative Phänomene im Festkörper“, an dem ich mit einem Projekt zur magnetischen Resonanz beteiligt war, in dem wir schwerpunktmäßig Manganate mit kolossalem Magnetwiderstand und niedrigdimensionale Magneten untersuchten. Auch im darauffolgenden Transregio (TRR 80, 2010-2022) „From Electronic Correlations to Functionality“ (in Kooperation mit der Technischen Universität München und dem Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart) setzte ich meine  ESR-Untersuchungen fort. Hier standen insbesondere frustrierte Magneten und Spinsysteme mit Skyrmionenphasen im Vordergrund. Aus diesem Konsortium wurde schließlich der neue TRR 360 gegründet, in dem ich aufbauend auf den erfolgreichen Vorgängerprojekten wieder mit einem Telprojekt vertreten bin.       

Was ist das Ziel Ihrer Forschung?

Ziel unserer ESR Untersuchungen ist es, einerseits die niederenergetische Spindynamik in Quantenspinflüssigkeiten nachzuweisen und zu verstehen. Verschiedene Kandidaten, die so einen Grundzustand ausbilden könnten, wurden schon identifiziert. Allerdings ist in den meisten Fällen aufgrund konkurrierender Effekte eine eindeutige Interpretation bisher schwierig. Hier sollen mit der ESR charakteristische Spinonspektren detektiert werden.

Andererseits soll mit Hilfe der ESR in Weyl-Halbmetallen die elektronische Zustandsdichte an der Fermikante detektiert werden. Dies sollte über die Temperaturabhängigkeit der Resonanzlinienverbreiterung möglich sein, die vom Quadrat der Zustandsdichte abhängt: Die lokalen magnetischen Momente in diesen Materialien geben ihre Energie nämlich über Streuprozesse an die Leitungselektronen ab. Für diese Sreuprozesse stehen jeweils nur die Leitungselektronen innerhalb der thermischen Energie um die Fermienergie zur Verfügung. Anomalien in der Zustandsdichte zeigen sich in Abweichnungen von einer linearen Resonanzverbreiterung mit der Temperatur. Die Ergebnisse sind im Wesentlichen für die Grundlagenforschung bedeutend,    

Welche Herausforderungen begegnen Ihnen in Ihrer Forschung und wie gehen Sie damit um?

Herausforderungen für einen Experimentalphysiker sind vielfältig. Es beginnt damit, geeignete Proben für geplante Untersuchungen zu finden und gegebenenfalls die vorhandenen Messaufbauten den Fragestellungen entsprechend zu modifizieren. Weiterhin benötigt man Auswerteprogramme für die Datenanalyse. Oftmals braucht man theoretische Unterstützung bei der Erklärung der experimentellen Resultate. Schließlich kann sich die Veröffentlichung der Ergebnisse verzögern, bis die Referees nach mehreren Runden den Artikel durchlassen. Die Zusammenarbeit experimenteller und theoretischer Arbeitsgruppen im Rahmen eines Transregio ist zur Lösung dieser Herausforderungen wesentlich. So erhält man von Gruppen, die auf Kristallzucht spezialisiert sind, geeignete Proben für die Messungen. Wenn der eigene experimentelle Aufbau den für ein Experiment notwendigen Parameterbereich nicht erreicht (z.B. sehr tiefe Temperaturen oder hohe Frequenzen), gibt es Alternativen innerhalb des Transregio. Auch die Unterstützung durch Kollegen von der Theorie ist gegeben. Darüber hinausgehend sind internationale Kooperationen sehr wertvoll. Auch dies wird durch den Transregio gefördert, indem hier genügend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, um internationale Wissenschaftler auch für längere Zeit einzuladen.  

Wie könnte Ihre Forschung das Verständnis der Physik / der Welt / von Technologien / der Zukunft ändern?

Quantenspinflüssigkeiten sind prinzipiell interessant für die Datenspeicherung, insbesondere auch beim Quantum Computing. Weyl-Halbmetalle können aufgrund ihrer intrinsischen Spinpolarisation in Bauelementen einer spinbasierten Elektronik verwendet werden. Natürlich sind die ESR-Untersuchungen, die im Projekt des TRR 360 durchgeführt werden, in erster Linie für die Grundlagenforschung von Interesse. Sie helfen, die mikroskopischen Vorgänge in den neuen Materialien besser zu verstehen. Damit stehen wir aber ganz am Anfang von Entwicklungsprozessen, die eventuell erst in 10 bis 20 Jahren Auswirkung auf die technische Anwendung haben können. Da die Industrie aus wirtschaftlichen Gründen inzwischen immer seltener selbst Grundlagenforschung betreibt, ist dies vorrangig die Aufgabe von Universitäten und staatlichen Forschungsinstituten. Unsere Arbeiten sind alle kleine Bausteine des wissenschaftlichen Fortschritts, die immer wieder, oftmals auch zufällig, neue wichtige Impulse für zukünftige Technologien liefern.    

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