In dem Format “5 Fragen an ConQuMat” berichten Projektmitglieder über Ihre Forschung, Ihre Ziele und Herausforderungen, sowie Chancen für die Zukunft.
Heute: Dennis Huang vom Max-Planck-Institut für Festkörperforschung.
Woran forschen Sie im Projekt ConQuMat?
Quantenphysik beschreibt unser Universum auf atomarer Ebene, z.B., wie sich Elektronen in Festkörpern verhalten. Sie klingt ziemlich esoterisch, ist aber eine Grundlage für viele technologische Durchbrüche, die unser Leben im letzten Jahrhundert stark verändert haben: der Computer, der Laser, LEDs, MRT, usw. ConQuMat möchte diese Quantenrevolution im 21. Jahrhundert fortsetzen, indem man durch „Einschränkungen“ noch exotischere Quantenphänomene in Festkörpern realisiert. ConQuMat ist eine große Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit verschiedenen technischen Fachkenntnissen, und wir spielen in unserem Projekt die Rolle der „Augen“. Wir verwenden Rastertunnelmikroskopie, um das Verhalten von Elektronen auf atomarer Ebene zu beobachten, besonders in tiefen Temperaturen (ca. –270 Grad Celsius) und hohen Magnetfeldern (100000 Mal größer als das Erdmagnetfeld).
Was hat Sie dazu inspiriert, sich in diesem (spezifischen) Forschungsbereich zu engagieren?
Die ersten Eindrücke sind oft die wichtigsten. Mein erster Kontakt mit Forschung als Bachelorstudent hatte mit dem Wundermaterial Graphen zu tun – eine Schicht von Kohlenstoff, die nur ein Atom dick ist. Wie wir Graphen mit Klebeband abgeblättert haben, war so einfach und „Low-Tech,“ man hätte es zu Hause machen können. Aber dann haben wir die modernste Ausrüstung und Nanofabrikationsanlagen verwendet, um die Quanteneigenschaften von Graphen zu forschen, was mich wirklich begeistert hat. Von diesem Zeitpunkt an interessierte ich mich immer für Quantenphysik in der Nanowelt. Mich interessiert sowohl die Herstellung von Quantenmaterialien, die nur Nanometer dick sind, als auch für deren Beobachtung auf atomarer Ebene durch Mikroskopie.
Was ist das Ziel Ihrer Forschung?
Als wissenschaftliches Ziel möchten wir neue Quantenphänomene entdecken, die nicht nur unser Grundwissen verbessern, sondern auch zu neuen Technologien führen, wie z.B. der topologische Quantencomputer. Topologie ist ein mathematisches Konzept, das immer mehr Relevanz in Festkörpermaterialien findet. Sie bedeutet, dass manche Eigenschaften von einem Kristall „beschützt“ und garantiert sind, wie z.B. die Existenz von leitender Oberflächenzustände, selbst wenn der Kristall Defekte und Unordnung aufweist. Mit Rastertunnelmikroskopie wollen wir diese topologischen Zustände beaobachten und mit Magnetfeld steuern. Aber mein persönliches Ziel ist es, nicht nur einen wissenschaftlichen Durchbruch zu schaffen, sondern auch Studierende zu trainieren und in der Weiterentwicklung zu unterstützen, damit sie zu kritischen Denkern werden. Ich hoffe, dass sie etwas Wertvolles in diesem Prozess lernen, das ihnen hilft, eine positive Rolle in der Gesellschaft zu spielen.
Welche Herausforderungen begegnen Ihnen in Ihrer Forschung und wie gehen Sie damit um?
Wissenschaft ist ein harter und langsamer Prozess. Wir begegnen fast jeden Tag neue Herausforderungen – ein Experiment, das schwer durchzuführen ist, ein Instrument, das nicht mehr funktioniert, Daten, die wir nicht verstehen. Viel Ausdauer ist gebraucht, was manchmal gegen die heutige „Mikrowelle-Kultur“ steht. Meiner Meinung nach, „die Schildkröte gewinnt das Rennen.“ Natürlich gibt es Druchbrüche oder Momente, in denen wir uns beeilen müssen, aber sie sind auf einer Grundlage von geduldiger (und kluger!) Arbeit basiert. Die Natur hat viele Überraschungen für uns, und dafür brauchen wir auch immer ein Maß von Demut.
Wie könnte Ihre Forschung das Verständnis der Physik / der Welt / von Technologien / der Zukunft ändern?
Wir befinden uns heute in einer Welt voller Krisen – wirtschafliche, geopolitsche und ökologische Krisen. Für diese schwierigen Problemen gibt es keine „Silberkugel,“ das heißt, eine einfache technologische Lösung, die alle unsere Probleme einmal lösen kann. Deswegen brauchen wir eine Menge von Ideen, eine Menge von neuen Materialien, eine Menge von neuen Ansätzen. Das ist die Essenz von der Forschung, neue Wege zu schaffen. Nicht jede Forschung hat eine unmittelbare Anwendung, aber jeder Durchbruch ist nicht „im Vakuum“ geschafft, sondern ist auf den kleinen Schritten basiert, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf der ganzen Welt jeden Tag machen.